JUNO-Experiment liefert zwei Monate nach Fertigstellung erste physikalische Ergebnisse

19.11.2025

Diese Meldung basiert auf einer Pressemitteilung des JUNO-Experiments

Das Institut für Hochenergiephysik (IHEP) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften hielt eine Pressekonferenz in Jiangmen City ab, um die erfolgreiche Fertigstellung des Jiangmen Underground Neutrino Observatory (JUNO) und die Veröffentlichung der ersten physikalischen Ergebnisse bekannt zu geben. Nach mehr als einem Jahrzehnt der Planung, des Baus und der internationalen Zusammenarbeit ist JUNO nun der weltweit erste groß angelegte, hochpräzise Neutrinodetektor der nächsten Generation, der seinen Betrieb aufgenommen hat. Livia Ludhova, Leiterin der Neutrino-Gruppe bei GSI und Professorin für Experimentelle Neutrinophysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist Mitglied des JUNO-Exekutivkomitees.

Erste Daten zeigen, dass die wichtigsten Leistungsindikatoren des Detektors die Erwartungen vollständig erfüllen oder übertreffen – JUNO ist bereit, bahnbrechende Messungen in der Neutrinophysik durchzuführen. Ein ausführlicher Artikel, der die Leistung des Detektors beschreibt, wurde bei Chinese Physics C eingereicht und am 18. November auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht.

Auf der Pressekonferenz stellte Professor Wen Liangjian, Koordinator für physikalische Analysen der JUNO-Kollaboration, die ersten physikalischen Ergebnisse des Experiments vor. Anhand der zwischen dem 26. August und dem 2. November 2025 – nur 59 Tage effektiver Datenaufnahme nach Inbetriebnahme – gesammelten Daten hat JUNO bereits die sogenannten Sonnenneutrino-Oszillationsparameter Theta12 (θ12) und Δm²21 mit einer 1,6-fach höhreren Präzision gemessen als alle bisherigen Experimente zusammen.

Diese Parameter, die ursprünglich anhand von Sonnenneutrinos bestimmt wurden, können auch mit Reaktor-Antineutrinos präzise gemessen werden. Frühere Ergebnisse aus beiden Ansätzen zeigten eine leichte 1,5-Sigma-Diskrepanz, die manchmal als Sonnenneutrino-Spannung bezeichnet wird und auf mögliche neue Physik hindeutet. Die neue JUNO-Messung bestätigte diesen Unterschied, der unter Nutzung von sowohl Sonnen- als auch Reaktorneutrinos durch das JUNO-Experiment bewiesen oder widerlegt werden kann..

Ein ausführlicher Artikel über die Ergebnisse wurde zur Veröffentlichung eingereicht und am 18. November auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht. „Dass eine solche Präzision innerhalb von nur zwei Monaten Betrieb erreicht wurde, zeigt, dass JUNO genau wie vorgesehen funktioniert“, sagte Yifang Wang, Projektleiter und Sprecher von JUNO. „Mit dieser Genauigkeit wird JUNO bald die Neutrinomasseordnung bestimmen, das Drei-Flavour-Oszillationsmodell testen und nach neuer Physik darüber hinaus suchen.”

JUNO ist eine große internationale Zusammenarbeit unter der Leitung des Instituts für Hochenergiephysik (IHEP) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. An dem Projekt sind mehr als 700 Wissenschaftler*innen aus 74 Institutionen in 17 Ländern und Regionen beteiligt. Zu ihnen gehört Professorin Livia Ludhova, Leiterin der Neutrinogruppe bei GSI und Professorin für Experimentelle Neutrinophysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die Mitglied des JUNO-Exekutivkomitees ist und eine der Datenanalyse-Gruppen leitete. „Die Konstruktion des Detektors und die ersten eingegangen Daten zu verfolgen, war eine außergewöhnliche Erfahrung, die sowohl unsere wissenschaftliche Neugier als auch unsere Herzen beflügelt hat. Das Engagement, die Kreativität und die Beharrlichkeit, die sowohl erfahrene Wissenschaftler*innen als auch junge Menschen aus aller Welt durch anspruchsvolle Analysearbeit, lange Arbeitszeiten und unerschütterliche Begeisterung gezeigt haben, haben diesen Erfolg wirklich vorangetrieben“, sagte Ludhova, die gemeinsam mit Hong He, dem Leiter des Helmholtz-Instituts Bejing, an der Presseveranstaltung teilnahm.

„Als Vorsitzender des JUNO Institutional Board bin ich stolz darauf, dass diese globale Anstrengung einen solchen Meilenstein erreicht hat. Der Erfolg von JUNO spiegelt das Engagement und die Kreativität unserer gesamten internationalen Gemeinschaft wider“, sagte Marcos Dracos von der Universität Straßburg und dem CNRS/IN2P3 in Frankreich.

„Das heute bekannt gegebene wissenschaftliche Ergebnis zeugt davon, wie fruchtbar die jahrzehntelangen Bemühungen der JUNO-Kollaboration waren, einen hochmodernen Detektor zu entwickeln, der viele innovative technische Lösungen umfasst und in den nächsten Jahren die Neutrinophysik dominieren und Ergebnisse von höchster Präzision liefern wird. Viele Faktoren haben zu diesem Erfolg beigetragen, darunter vor allem die Bündelung von Erfahrung und Fachwissen im Bereich der Flüssigszintillatordetektoren und der damit verbundenen Analysetechniken durch Gruppen aus aller Welt, die entscheidend zur Erreichung der beispiellosen Leistungsfähigkeit von JUNO beigetragen haben“, ergänzte Gioacchino Ranucci von der Universität und dem INFN in Mailand, Italien, stellvertretender Sprecher von JUNO.

Das Konzept von JUNO wurde 2008 vorgeschlagen und 2013 von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Provinzregierung von Guangdong genehmigt und finanziert, gefolgt von internationalen Beiträgen im Jahr 2014. Der Bau des unterirdischen Labors erfolgte 2015, die Installation des Detektors begann 2021 und wurde im Dezember 2024 abgeschlossen. Nachdem der Detektor mit ultrareinem Wasser und 20 Kilotonnen flüssigem Szintillator gefüllt worden war, begann JUNO am 26. August 2025 mit der Erfassung physikalischer Daten.

Jahrelange engagierte Forschung und Entwicklung führten zu Durchbrüchen bei Schlüsseltechnologien, darunter hocheffiziente Photomultiplierröhren, ultratransparenter flüssiger Szintillator, Materialien mit geringem Hintergrundrauschen und Präzisionskalibriersysteme. Das Herzstück des Experiments ist eine Acrylkugel mit einem Durchmesser von 35,4 Metern, die 20.000 Tonnen flüssigen Szintillator enthält und von mehr als 20.000 großen und 25.000 kleinen Photomultiplierröhren beobachtet wird, die zur Abschirmung und Myonenerkennung in ein 44 Meter tiefes Wasserbecken getaucht sind.

Mit seiner beispiellosen Detektionsempfindlichkeit wird JUNO die Neutrinomasseordnung bestimmen und Oszillationsparameter mit einer Genauigkeit von unter einem Prozent messen. Außerdem wird es Sonnen-, Atmosphären-, Supernova- und Geoneutrinos untersuchen und nach Physik jenseits des Standardmodells suchen. JUNO ist für eine wissenschaftliche Lebensdauer von etwa 30 Jahren ausgelegt und kann zu einem der weltweit empfindlichsten Detektoren für neutrinolosen Doppelbetazerfall aufgerüstet werden, um die absolute Neutrinomasse zu ermitteln und zu testen, ob Neutrinos Majorana-Teilchen sind.

„JUNO wird auch in den kommenden Jahrzehnten wichtige Ergebnisse liefern und neue Generationen von Physikern ausbilden“, sagte Jun Cao, Direktor des IHEP und stellvertretender Sprecher von JUNO. (CP)

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